Während die Bundesinitiative Lieferkettengesetz mit über hundert zivilgesellschaftlichen Organisationen vergangenen Mittwoch in Berlin am Bundeskanzleramt demonstrierte und mehr als 222.222 Unterschriften einer Petition symbolisch überreichte, wurde die Kabinettsdebatte zu den Eckpunkten des Lieferkettengesetzes erneut verschoben.
In Lübeck engagiert sich die Steuerungsgruppe Fairtrade Stadt Lübeck und die Lübecker Initiative Lieferkettengesetz seit Monaten für gesetzlich verbindliche Regelungen und wirbt aktuell mit einer Plakataktion für Fairen Handel.
„Die Einhaltung von Menschenrechten sowie der Schutz der Umwelt sind nicht verhandelbar“, so Katja Mentz, Sprecherin der Steuerungsgruppe Fairtrade Stadt Lübeck. „Ein wirksames Lieferkettengesetz ist überfällig.“ Um dieser Forderung Ausdruck zu verleihen, hat die Gruppe, die sich seit über zehn Jahren für Faire Handelsbedingungen einsetzt, an 28 Werbeflächen in der Stadt Plakate hängen lassen. „Mit dem Plakat wollen wir einerseits auf die Forderung nach einem Lieferkettengesetz aufmerksam machen und gleichzeitig auf unser Engagement als Fairtrade Stadt Lübeck hinweisen. Viele Lübecker Geschäfte, Gaststätten, Hotels, Vereine und Organisationen engagieren sich seit Jahren für Fairen Handel mit Ländern des Globalen Südens. Was von wenigen auf freiwilliger Basis praktiziert wird, muss für alle Unternehmen gelten. Wir dürfen nicht akzeptieren, dass im Rahmen globaler Lieferketten Millionen Menschen, darunter auch Kinder, ausgebeutet werden oder ihnen durch produktionsbedingte Umweltzerstörungen die Grundlage zum Leben entzogen wird. Hinzu kommt, dass menschenunwürdige, teilweise lebensbedrohliche Zustände in fernen Produktionsstätten immer wieder dazu geführt haben, dass die dort arbeitenden Menschen mit ihrem Leben dafür zahlen, dass deutsche Unternehmen möglichst billig produzieren lassen“, so Katja Mentz.
Aktionen in der FAIREN WOCHE
Im Rahmen der Fairen Woche beteiligt sich die Steuerungsgruppe Fairtrade Stadt in diesem Jahr außerdem am PARKing Day, am 18. September in der Beckergrube mit einer Postkartenaktion und zeigt gemeinsam mit der Lübecker Initiative für ein Lieferkettengesetz (LILi) am Freitag, 25.9., um 18:30 Uhr den Film „Todschick – die Schattenseite der Mode“ im Museum für Natur und Umwelt (Anmeldung und weitere Infos unter https://www.fairtrade-stadt-luebeck.de/fair-statt-mehr-veranstaltungen-in-der-fairen-woche/). Auch bei diesen Veranstaltungen wird es um die aktuelle Debatte auf Bundesebene und die Wirkung eines Lieferkettengesetzes gehen.
„Wir sind wütend, dass sich insbesondere Wirtschaftsminister Peter Altmaier immer wieder über die Forderungen hinwegsetzt, endlich für einen wirksamen Schutz von Menschenrechten und Umwelt zu sorgen“, so Horst Hesse Gründungsmitglied der Initiative Lieferkettengesetz in Lübeck. Und auch Manfred Hellberg, der sich als Mitglied des BUND SH für einen wirksamen gesetzlichen Rahmen einsetzt, kritisiert das Wirtschaftsministerium scharf. „Nach Vorstellung des Wirtschaftsministers Altmaier soll ein Lieferkettengesetz nur für Unternehmen ab 5.000 Mitarbeitenden gelten und der zivilrechtliche Durchsetzungsmechanismus entfallen. Dies hätte zur Folge, dass Betroffene von Menschenrechtsverletzungen kaum eine Möglichkeit hätten, Entschädigungen vor deutschen Gerichten einzufordern.“
Genau so sieht es Johannes Schorling, Referent für Wirtschaft und Menschenrechte bei INKOTA: „Ein Lieferkettengesetz ohne Haftung wäre ein zahnloser Tiger. Geschädigte müssen hierzulande gegen ein Unternehmen vor Gericht ziehen können, wenn das Unternehmen von Menschenrechtsverletzungen bei seinen Zulieferern wusste und nichts dagegen unternommen hat. Eine solche Regelung ist verhältnismäßig und zumutbar.“
Mit Blick auf die Debatten innerhalb der Bundesregierung kritisiert die Bundesinitiative Lieferkettengesetz, dass nach der Vorstellung von Herrn Altmaier ein Lieferkettengesetz nur einen Bruchteil der Unternehmen erfassen würde, die in Deutschland Geschäfte machen. Sogar Unternehmen wie H&M und Ritter Sport, die selbst ein Lieferkettengesetz fordern, würden durch das Raster fallen“, betont Christian Wimberger, Referent für Unternehmensverantwortung bei der Christlichen Initiative Romero (CIR).
Bereits die früheren Eckpunkte hatten zu Kritik seitens der Zivilgesellschaft geführt, da sie nur Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland in die Pflicht nehmen wollten und keine umweltbezogenen Sorgfaltspflichten umfassten. Viola Wohlgemuth, Kampaignerin für Textil und Konsum bei Greenpeace, erklärt: „Wirtschaftsminister Altmaier verzögert erneut ein wirksames Lieferkettengesetz. Dabei ist auch ihm klar, dass Umwelt- und Menschenrechtsverbrechen gerade am Anfang von Lieferketten und damit in Produktionsländern außerhalb der EU begangen werden. Die Werte eines christlich-demokratischen Wirtschaftsministers dürfen nicht an den Landesgrenzen haltmachen. Denn ein Lieferkettengesetz ist nur dann wirksam, wenn es die ganze Länge der Kette abdeckt – von der Produktion der ersten Faser in Indien, über das Färben in China bis zum Verkauf der Jeans in Deutschland.“
Weiterführende Informationen:
www.fairtrade-stadt-luebeck.de
- Bildmaterial zur Foto-Aktion vor dem Bundeskanzleramt: https://media.greenpeace.org/shoot/27MZIFJLJP6U0
- Die Analyse „Verhältnismäßig und zumutbar: Haftung nach dem Lieferkettengesetz“ finden Sie hier: https://tinyurl.com/LKG-faktencheck-haftung
- Die fünf Kernforderungen der Initiative Lieferkettengesetz finden Sie hier: https://tinyurl.com/LKG-kernforderungen
Die Lübecker Initiative für ein Lieferkettengesetz (LILi) wird gefördert durch:
BINGO! SH Die Umwelt Lotterie